Wer zukünftig eine falsche sog. AU-Bescheinigung als Arzt ausstellt oder sie als Arbeitnehmer zum Beweis einer tatsächlich nicht vorliegenden Erkrankung vorlegt, im Rahmen des Erlangens einer Maskenbefreiung ein Gefälligkeitsattest ausstellt oder dies vorlegt, begibt sich nach einer Änderung der Gesetzeslage auf dünnes Eis. Gleiches gilt für die Vortäuschung eines nicht oder nicht richtig durchgeführten Corona-Tests.
Zum Hintergrund
Es dürfte kein Geheimnis sein, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen häufig Zweifel daran lassen, ob der die AU einreichende Mitarbeiter wirklich erkrankt ist oder lediglich versucht wird, sich ein paar freie Tage zu verschaffen, ohne das Urlaubskonto zu belasten. Besonders in der vorherrschenden Corona-Krise geht es häufig darum, sich von der lästigen Maskenpflicht zu befreien. Die nichtssagenden Atteste, die Person könne aus „gesundheitlichen Gründen“ keine Maske tragen, haben fast schon inflationäres Ausmaß angenommen.
Der Beweiswert eine ärztlichen AU-Bescheinigung
Auch wenn sich der Arbeitgeber sicher zu sein scheint, konnte man in der Vergangenheit im arbeitsgerichtlichen Verfahren kaum punkten. Denn Arbeitsgerichte messen der AU-Bescheinigung wegen des gesetzlich vorgesehenen Nachweises einer Arbeitsunfähigkeit einen hohen Stellen- und Beweiswert zu. Denn darin liegt die Vermutung, der Arbeitsunfähigkeit. Den Beweiswert zu erschüttern, bedarf eines ausführlichen und konkreten Tatsachenvortrags, der fast nie die Überzeugung des Gerichts überwinden kann. Da häufig bei Kurzerkrankungen später nicht mehr nachweisbare Umstände vorliegen, hilft auch nicht die Einschaltung des medizinischen Dienstes. Das ist immer ein großes Ärgernis.
Verschärfung der Vorschriften des Strafgesetzbuches
Fast unbemerkt hat die Ampelkoalition im Rahmen der Corona-Gesetzgebung nun aber die Regelungen für das Ausstellen und Benutzen falscher Gesundheitszeugnisse spürbar verschärft.
Seitdem am 24.11.2021 das „Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ verabschiedet wurde, sind die Strafvorschriften zum Ausstellen und Gebrauchen unrichtiger Gesundheitszeugnisse (§§ 277 ff. StGB) geändert worden. Während die mit dem Gesetz eingeführten neuen Regelungen zu den 2 und 3 G Regelungen am Arbeitsplatz heftig diskutiert werden, sind die mit dem Gesetz zeitgleich geänderten Strafvorschriften über das Ausstellen und Gebrauchen unrichtiger Gesundheitszeugnisse geradezu stillschweigend geändert worden.
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und Atteste sind Gesundheitszeugnisse
Zukünftig gilt, dass Ausstellen und Gebrauchen eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses strafbar ist, wenn dies zur Täuschung im Rechtsverkehr erfolgt. Also auch und gerade wenn die AU-Bescheinigung zum Beweis der Arbeitsunfähigkeit dienen oder mit dem Attest eine Maskenbefreiung erlangt werden soll. Bislang galt die Einschränkung, dass das unrichtige Gesundheitszeugnis zur Täuschung einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft dienen muss. Diese Einschränkung ist nun entfallen.
Nicht zuletzt im Zuge der aktuellen Debatte um gefälschte Impfpässe sollen mit der Verschärfung Strafbarkeitslücken geschlossen werden. Das Ausstellen oder der Gebrauch von unrichtigen AU-Bescheinigungen bzw. Attesten wird in der Gesetzesbegründung ausdrücklich erwähnt. Dort heißt es in der BT-Drucksache 20/15, S. 34:
- 278 StGB ist geringfügig anzupassen. Wie bereits oben zu § 277 StGB-E erläutert, erscheint die Beschränkung der Strafbarkeit auf Fälle zu eng, bei denen Behörden oder Versicherungsgesellschaften getäuscht werden sollen. Wenn das unrichtige Gesundheitszeugnis etwa zu dem Zweck erstellt wird, den Arbeitgeber über einen Gesundheitszustand zu täuschen, erscheint das ebenso strafwürdig. Daher sind die Wörter „zum Gebrauch bei einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft“ zu streichen und an geeigneter Stelle – insofern soll die redaktionelle Einheitlichkeit unter anderem mit § 267 StGB hergestellt werden – durch die Wörter „zur Täuschung im Rechtsverkehr“ zu ersetzen.
Damit hat der Gesetzgeber die Strafbarkeit für ausstellende Ärzte und für Arbeitnehmer jeweils erheblich verschärft.
Handlungsempfehlung
Sollte sich der Verdacht ergeben, dass das vorgelegte Attest oder die AU-Bescheinigung eher aus Gefälligkeit ausgestellt wurde und sprechen Fakten für den Versuch eine vorgetäuschte Erkrankung mit einem derartigen Gesundheitszeugnis rechtfertigen zu wollen, kann eine Strafanzeige gestellt und eine Verdachtskündigung ausgesprochen werden. Die Staatsanwaltschaft ist gemäß § 152 Abs. 2 StPO in diesen Fällen sowohl beim Mitarbeiter als auch beim Arzt zur Aufnahme von Ermittlungen verpflichtet. Bereits die Aussicht auf ein Ermittlungsverfahren dürfte abschreckend genug sein. Die Strafe liegt bei Geldstrafe oder bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
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